Marcel Baumgartner
hat per 1. Februar 2025 die Leitung des Swiss Regiomedia AG Standorts in St.Gallen…
Heute arbeiten Sie als zertifizierte Achtsamkeits- und MBSR-Lehrerin mit eigenen Räumen in der Markthalle Altenrhein. Was denken Sie, wäre aus Ihnen geworden, hätten Sie einen anderen Weg eingeschlagen?
Ich wäre wahrscheinlich immer noch Gymnasiallehrerin für die Fächer Deutsch und Geographie. Nachdem ich viele Jahre in diesem Beruf gearbeitet habe, kam der Wunsch auf, eine mehrjährige Weiterbildung im Themenbereich der Achtsamkeit, wie zum Beispiel Achtsamkeit in Bezug auf die psychische Gesundheit, Achtsamkeit mit Kindern, Familien und in der Schule zu absolvieren. Mittlerweile übe ich meinen Beruf seit zehn Jahren aus. Ich finde es jedoch sehr schön, dass sich mir immer wieder viele Möglichkeiten bieten, meine ursprüngliche Tätigkeit im Bildungswesen mit meiner jetzigen Tätigkeit zu verbinden. So gebe ich viele Lehrerfortbildungen oder arbeite mit Kindern im Klassenverband oder im Einzelsetting (zum Beispiel bei der Diagnose ADS/ADHS).
Nennen Sie einige Gründe, wie Sie an die jetzige Stelle gekommen sind und weshalb Ihnen diese Freude bereitet.
Am Anfang meines Weges stand ein achtwöchiger MBSR-Kurs (Mindfulness-Based Stress Reduction = achtsamkeitsbasierte Stressreduktion), welchen ich in einer herausfordernden Lebenssituation besucht habe. Die Erfahrungen, die ich während dieses Kurses sammeln durfte, waren für mich so hilfreich und unterstützend, dass für mich schnell klar war, dass ich mich selbst in diesem Bereich weiterbilden und die achtsame Lebenshaltung an Menschen weitergeben möchte. An meinem Beruf schätze ich sehr, dass ich tagtäglich mit den verschiedensten Menschen zu tun habe und sie dabei unterstützen kann, gesünder zu werden, aus dem Hamsterrad auszusteigen, wieder bewusster zu leben und weniger Stress zu empfinden.
Herrscht bei Ihnen im Betrieb eine Duzis-Kultur?
Auf jeden Fall! Bereits nach der ersten Kontaktaufnahme ist es mir wichtig, auf diese Art und Weise auf eine persönlichere Ebene zu gehen.
Beschreiben Sie sich selbst in maximal drei Sätzen als Chefin.
Ich bin ein Mensch, der zuhören kann, nicht immer recht haben muss und zuverlässig ist. Zudem gehe ich gerne auf Menschen zu und bin offen und empathisch. Ich lebe das, was ich unterrichte, was meine Haltung und meine Kurse sehr authentisch macht.
Welche Eigenschaften Ihrer Angestellten/Kunden bezeichnen Sie als besonders wertvoll?
Die meisten Menschen, die einen achtwöchigen MBSR-Kurs oder einen Tag der Achtsamkeit bei mir besuchen, erleben gerade eine schwierige Situation in ihrem Leben wie beispielsweise viel Stress, eine Krankheit, einen Burnout oder einen Schicksalsschlag und suchen nach Möglichkeiten, damit besser umgehen zu können und wieder mehr Lebensqualität zu gewinnen. Sie sind deshalb dazu bereit, ihre Komfortzone zu verlassen und saugen Neues auf wie ein Schwamm. Diese Offenheit und Bereitschaft, Neues zu lernen und das eigene Leben umzukrempeln, imponieren mir immer wieder sehr.
Was zeichnet Ihr Unternehmen als guten Arbeitgeber aus?
Ich bin sehr flexibel und gehe, wenn immer möglich, auf die Bedürfnisse meiner Mitarbeitenden ein. Mein Unternehmen ist mit zwei Mitarbeitenden sehr klein und der Umgang untereinander ist freundschaftlich und unterstützend.
Was hebt Ihr Unternehmen von der Konkurrenz ab?
Meine pädagogische Ausbildung und meine langjährige Erfahrung im Bereich der Achtsamkeit sind sicher die Grundlage für qualitativ hochwertige Achtsamkeits- und Resilienz-Kurse. So leite ich zum Beispiel regelmässig Kurse an der Hochschule St.Gallen und an Volkshochschulen oder werde schweizweit von Schulen, Spitälern und Unternehmen gebucht, da es wenige Personen in der Schweiz gibt, die meinen Hintergrund und meine Erfahrung vorweisen können. Als ich meine Weiterbildung vor über zehn Jahren begonnen habe, musste ich diese teilweise in englischer Sprache und überwiegend im Ausland machen, da das Thema in der Schweiz noch relativ unbekannt und nicht verbreitet war. Ausserdem bin ich krankenkassenanerkannt und darf meine Kursteilnehmenden in der wunderschönen Markthalle Altenrhein nach dem Konzept von Friedensreich Hundertwasser in Staad begrüssen. Dort bin ich seit fünf Jahren mit meinen Praxis-Räumen beruflich zuhause.
Empfinden Sie die momentane Wirtschaftslage als negativ für Ihr Unternehmen?
Im Gegenteil! Aufgrund der Tatsache, dass sich sehr viele Menschen dauerhaft gestresst fühlen, die Anforderungen im privaten wie auch im beruflichen Bereich eher zu- als abnehmen und wir durch wirtschaftlich und politisch unsichere Zeiten gehen, geraten die Menschen häufig in eine Abwärtsspirale in Richtung psychische oder physische Erkrankung, aus der sie ohne Unterstützung oft nicht mehr herauskommen. Seien es chronische Krankheiten, Stress im Job, Schlafstörungen, Depressionen, Angststörungen, Panikattacke usw., ein MBSR-Kurs bietet eine wunderbare Unterstützung, mit diesen Situationen bzw. Gegebenheiten besser umzugehen und wieder mehr Ruhe und Freude zu finden.
Welche Vision haben Sie für Ihr Unternehmen?
Es ist mir weiterhin ein grosses Herzensanliegen, viele Menschen in ihrem herausfordernden Alltag zu unterstützen und die Achtsamkeit verstärkt in die Schulen zu bringen, damit die Lehrpersonen wie auch unsere Kinder lernen dürfen, mit Stress und schwierigen Situationen besser umzugehen. Hier bin ich als Lehrpersonen- und Kindertrainerin für den schweizweit kooperierenden Verein Momento tätig, der vor gut einem Jahr in der Sendung Einstein auf SRF vorgestellt wurde (Sendung: «Die Schule der Zukunft», 09.11.2023). Ich würde mich sehr freuen, weitere Schulen für einen längeren Zeitraum begleiten zu dürfen, so wie ich es zum Beispiel momentan in der Schule Rorschach mache. Hier leite ich ein Lehrpersonentraining, welches regelmässig über einen Zeitraum von vier Monaten stattfindet und an welchem 18 Lehrpersonen, schulische Heilpädagogen und Schulsozialarbeiter teilnehmen. Achtsamkeit kann im schulischen Alltag helfen, weniger impulsiv zu reagieren, sich weniger gestresst zu fühlen, unangenehmen Gefühlen nicht mehr ausgeliefert zu sein, sich besser konzentrieren zu können und gelassener zu werden.
Was war die grösste Herausforderung, welche Sie im Rahmen Ihrer jetzigen Tätigkeit meistern mussten?
Vor rund fünf Jahren habe ich mein Unternehmen gegründet, was sehr intensiv war, da ich beispielsweise meine Homepage komplett selbst gestaltet und meine Räume in Eigenregie bezogen und eingerichtet habe. Zur Unternehmensgründung kamen noch zwei weitere Belastungen hinzu: Wir haben zeitgleich unser Haus hier in Altenrhein gebaut und unser jüngster und damals dreijähriger Sohn erkrankte schwer und hätte einen Blinddarmdurchbruch beinahe nicht überlebt. Ich empfand es herausfordernd während dieser Zeit, mit mir selbst achtsam zu sein und im beruflichen Kontext professionell zu funktionieren.
Welches war bisher das schönste Erlebnis während Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Eigentlich erlebe ich in jedem einzelnen Kurs, wie die Teilnehmenden durch die neuen Erfahrungen, die sie machen, mehr Lebensqualität zurückgewinnen. Sie können zum Beispiel wieder besser schlafen, empfinden weniger Schmerzen und leiden weniger häufig an Migräne/Kopfschmerzen oder Verdauungsbeschwerden. Aber ein Fall ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Eine Klientin hat letztes Jahr wegen eines Burnouts am MBSR-Kurs teilgenommen und mit einer neu gewonnenen achtsamen Lebenshaltung endlich die Energie dazu gefunden, ihre langgehegten Pläne zu verwirklichen. Sie hat ihren Job gekündigt, zusammen mit ihrem Mann das Haus verkauft und ihren grössten Wunsch verwirklicht, nämlich nach Spanien ans Meer zu ziehen.
Was bringt Ihnen wirkliche Erholung?
Ich bin gerne alleine, in der Natur, meditiere regelmässig und erlebe gerne Neues auf Reisen mit meiner Familie.
Worüber haben Sie sich zuletzt gestritten und weshalb?
Wir streiten generell sehr wenig, obwohl mein Mann und ich drei Söhne im Alter von 6, 10 und 12 Jahren haben und es da schon einiges Konfliktpotenzial gibt. Am meisten geht es dabei um kleine Dinge, wie zum Beispiel die Bildschirmzeiten der Kinder oder die Mithilfe im Haushalt. Ich denke, das sind Sachen, die alle Eltern kennen. Wichtig ist uns dabei aber, dass wir nach einem Streit den «Bruch», welcher in unsere Beziehung durch die Auseinandersetzung entstanden ist, zeitnah wieder «reparieren».
Mit wem würden Sie gerne im Lift steckenbleiben und warum?
Ich würde sehr gerne mit Dr. Simone Koch im Lift stecken bleiben. Sie ist eine deutsche funktionelle Ärztin und ein Vorbild für mich. Ich habe alle ihre Bücher gelesen und höre gerne ihren Podcast. Sie kennt sich im Bereich der physischen und psychischen Gesundheit so gut aus, dass ich sie gerne über viele Dinge befragen möchte.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Ich habe grosse Freude daran, neue Dinge zu lernen und mich im privaten wie auch im beruflichen Bereich weiterzubilden und weiterzuentwickeln. Mein Wunsch ist natürlich, beruflich weiterhin erfolgreich tätig und im Privaten gesund und glücklich inmitten meiner Familie zu sein.
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