Patrick Benz
erschuf beim Stadtbahnhof Rorschach ein Naturschutz Denkmal.
Heute arbeiten Sie als Geschäftsleiterin der VHR. Was denken Sie, wäre aus Ihnen geworden, hätten Sie einen anderen Weg eingeschlagen?
Wäre mein Weg anders verlaufen, hätte ich wahrscheinlich weiterhin im medizinischen Bereich gearbeitet, weil mir die Nähe zu Menschen und ihre Begleitung in unterschiedlichsten Lebenslagen sehr am Herzen liegt. Ich habe grosse Freude daran, Menschen zuzuhören, sie zu verstehen und mit Ihnen Lösungen für jegliche Lebenslagen zu finden – ganz gleich, wer sie sind. Diese Menschlichkeit trage ich auch heute als Geschäftsleiterin in meiner täglichen Arbeit weiter.
Nennen Sie einige Gründe, wie Sie an die jetzige Stelle gekommen sind und weshalb Ihnen diese Freude bereitet.
Ich habe für verschiedene Institutionen Jahreschroniken geschrieben, Interviews geführt und Zeitungsartikel verfasst – doch mein Herz schlägt besonders für das Gedichteschreiben. Unsere Weihnachtskarte war jedes Jahr eine gereimte Zusammenfassung unseres Familienjahres, ergänzt durch lustige Fotos – ein kleiner Höhepunkt, auf den unsere Lieben mit Vorfreude gewartet haben. Ein Vorstandsmitglied der VHR, zugleich Lehrer unserer Tochter und treuer Empfänger dieser Karten, fragte mich eines Tages, ob ich mir vorstellen könnte, ehrenamtlich den Kommunikationsbereich der VHR zu übernehmen. Für mich war sofort klar: Das ist genau mein Ding. So begann meine Reise bei der VHR – eine Aufgabe, die stetig gewachsen ist und mir vor zwei Jahren die Möglichkeit gab, die Geschäftsleitung zu übernehmen. Diese Rolle erfüllt mich mit grosser Dankbarkeit und Freude, denn sie verbindet alles, was mir wichtig ist: Teil eines engagierten Teams zu sein, kreativ und wirkungsvoll zu arbeiten – und vor allem im Austausch mit Menschen aus aller Welt zu stehen.
Beschreiben Sie sich selbst in maximal drei Sätzen als Chefin.
Das Wort «Chefin» liegt mir nicht besonders – ich sehe mich vielmehr als Teil eines Teams, in dem Begegnung auf Augenhöhe selbstverständlich ist. Mir ist ein respektvolles Miteinander wichtig und ein Arbeitsumfeld, in dem sich alle gesehen, gehört und wohlfühlen können. Ich höre zu, unterstütze, wo es nötig ist, lasse Raum, wo ich Vertrauen spüre, und freue mich, wenn wir gemeinsam wachsen. Vertrauen, Transparenz, Herzlichkeit und gegenseitige Wertschätzung sind für mich die Basis jeder gelingenden Zusammenarbeit.
Welche Eigenschaften Ihrer Angestellten bezeichnen Sie als besonders wertvoll?
Was ich an meinen Mitarbeitenden besonders schätze, ist ihre Offenheit und ihr Engagement – sowohl in der Schule als auch darüber hinaus. Sie sind immer mit einer Energie, die fast an Superkräfte erinnert dabei! Ihre Eigenverantwortung, besonders in der Durchführung der Kurse, und ihr respektvoller Umgang miteinander sind ein echtes Highlight. Sie nehmen ihre Aufgaben mit einer Mischung aus Leidenschaft und Professionalität an, behalten dabei stets den Menschen im Blick und schaffen es, sogar den Arbeitsalltag mit einer guten Portion Humor zu bereichern. Genau das macht unser Team so besonders und erfolgreich und dafür danke ich allen Kursleitungen der VHR.
Herrscht bei Ihnen im Betrieb eine Duzis-Kultur?
Ja, unbedingt – wir sind wie eine grosse Familie, da duzt man sich einfach! Für mich ist das selbstverständlich, ich könnte gar nicht mehr anders. Gerade unsere Flüchtlinge haben anfangs oft grossen Respekt und trauen sich nicht, mich mit «Du» anzusprechen. Einmal musste ich sogar persönlich in eine Klasse gehen und erklären, dass sie das wirklich dürfen – sie hatten der Klassenlehrperson nicht geglaubt. Umso schöner sind dann diese kleinen Momente auf dem Gang, wenn das «Du» mit einem herzhaften oder auch verlegenen Lächeln kommt. Das sind die Begegnungen, die mich täglich aufs Neue berühren und glücklich machen.
Was zeichnet Ihr Unternehmen als guten Arbeitgeber aus?
Unser Unternehmen zeichnet sich durch ein wertschätzendes Miteinander, flache Hierarchien und eine offene Kommunikation aus. Wir leben eine Kultur des Vertrauens, in der sich jede und jeder einbringen darf – sei es im Alltag oder bei besonderen Anlässen wie Sporttagen, Festen oder Projekten. Die Vielfalt der Menschen, das gemeinsame Engagement und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, machen unsere Schule zu einem Ort, an dem man gerne arbeitet.
Was hebt Ihr Unternehmen von der Konkurrenz ab?
Wir sind im Vergleich eine kleine Schule. Was uns von anderen unterscheidet, ist die besondere Mischung aus Professionalität, Herzlichkeit und gelebter Vielfalt. Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt – mit seiner Geschichte, seinen Stärken und seinem Potenzial. Wir schaffen ein Umfeld, in dem Vertrauen, gegenseitige Unterstützung und echtes Interesse am Gegenüber spürbar sind. Diese Atmosphäre prägt nicht nur unser Miteinander, sondern auch die Wirkung unserer Arbeit nach Aussen, zum Beispiel mit den Sozialen Diensten der Gemeinden.
Empfinden Sie die momentane Wirtschaftslage als negativ für Ihr Unternehmen?
Ich glaube, die momentane Wirtschaftslage beschäftigt uns alle. Besonders spürbar ist die Unsicherheit bei unseren Teilnehmenden mit S-Status – viele wissen nicht, wie es für sie weitergeht, und auch wir können schwer abschätzen, wann politische Entscheide getroffen werden, die ihre Perspektiven und unsere Arbeit direkt beeinflussen könnten. Doch wir begegnen diesen Herausforderungen mit Kreativität, Zusammenhalt und einem starken Teamgeist. Gerade in bewegten Zeiten zeigt sich, wie wichtig Vertrauen, Flexibilität und gemeinsame Visionen sind – und genau das trägt uns als Organisation.
Welche Vision haben Sie für Ihr Unternehmen?
Eine meiner Visionen ist es, das, was wir bereits aufgebaut haben, weiter zu stärken – in einem eigenen VHR-Haus, das uns genügend Raum bietet, um uns entfalten zu können und eigenständig zu wirken.
Was war die grösste Herausforderung, welche Sie im Rahmen Ihrer jetzigen Tätigkeit meistern mussten?
Die Corona-Zeit war eine grosse Herausforderung – doppelt so viel Arbeit bei deutlich weniger Ertrag. Wir mussten sicherstellen, dass die Kursleitungen weiterhin finanzielle Absicherung hatten und gut durch die schwierige Zeit kommen und gleichzeitig die Schule wiederaufbauen. Doch dank eines starken Teams an meiner Seite ist es uns gelungen, diese schwierige Phase zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen.
Welches war bisher das schönste Erlebnis während Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Solche Momente gibt es für mich jeden Tag, wenn ich in die Schule komme, wir sind immer lustig unterwegs. Sei es eine kurze Umarmung im Gang oder ein Austausch in der Pause, die ich mit den Kursleitungen und den Kursteilnehmenden verbringe. Ein unvergesslicher Augenblick war, als eine Teilnehmerin mir beim Grilltag sagte, dass diese Anlässe und das Zusammensein ihr das Gefühl von Familie geben – etwas, das sie hier sonst nicht hat. Diese Worte haben mich tief bewegt, weil ich weiss, wie viele von ihnen ihre Familie verloren haben oder sie weit entfernt ist. Es ist genau diese Wärme und Verbundenheit, die wir gemeinsam schaffen, die für mich den wahren Wert unserer Arbeit ausmachen.
Was bringt Ihnen wirkliche Erholung?
Wirkliche Erholung finde ich bei spontan «einfach kurz mal weg zu sein» – sei es für einen spontanen Ausflug oder einen kurzen Aufenthalt bei meiner Tochter in Bern. Diese Auszeiten helfen mir, den Kopf freizubekommen und neue Perspektiven zu gewinnen.
Worüber haben Sie sich zuletzt gestritten und weshalb?
Letztes Mal gab es unterschiedliche Meinungen darüber, wie Ressourcen in einem bestimmten Bereich am effektivsten eingesetzt werden können. Wichtig dabei ist, dass Konflikte nicht negativ betrachtet werden, sondern als eine Gelegenheit, gemeinsam Lösungen zu finden und als Team weiterzuwachsen.
Mit wem würden Sie gerne im Lift steckenbleiben und warum?
Mit meinen vier Freundinnen, Claudia, Alexandra, Olga und Carmen. Ich bin überzeugt, dass wir auch in schwierigen Zeiten immer noch miteinander lachen könnten!
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Ich hoffe, am Geniessen meiner Pensionierung.
Die Volkshochschule Rorschach bietet Bildung für Erwachsene in den Bereichen Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft, Sprache, Gesundheit und Bewegung und Grundkompetenzen an.
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