Die Chefs
Fabio Rohrer und Roger Küng von BikeNinja in Rorschach
Die Schimpansen sind wohl der Publikumsmagnet schlechthin im Walter Zoo. Die 1993 eröffnete Anlage ist auf jeden Fall immer gut besucht. Die Menschenaffen haben es nicht nur so manchen Besucherinnen und Besuchern angetan, sondern sind auch der Grund dafür, dass Revierleiterin Brena Costa da Rocha Tierpflegerin wurde.
Walter Zoo Gutmütig streckt Schimpanse Petiri seine Finger durch die Gitterstäbe. Revierleiterin Brena Costa da Rocha hält diese kurz fest, um sie zu untersuchen. Nach den Händen folgen die Füsse und auch den Herzschlag hört die Tierpflegerin ab. «Er liebt das medizinische Training», erklärt Costa da Rocha. Das mag auch an den Rosinen liegen, die den Affen bei den Trainings als Belohnung angeboten werden. Aber offenbar hat Petiri auch grosses Vertrauen zur Revierleiterin. «Es ist wie bei den Menschen. Zu manchen entwickelt sich ein tieferes Verhältnis als zu anderen», erzählt die 32-Jährige, die im Walter Zoo die Lehre als Tierpflegerin gemacht hat, seit über zehn Jahren mit den Affen und inzwischen als Revierleiterin arbeitet. Zu Petiri habe sie ein besonderes Verhältnis, «auch wenn er während der Pubertät manchmal genervt hat», wie sich Costa da Rocha erinnert.
Sie erkennt die aktuell zwölf Schimpansen nicht nur optisch, sondern auch akustisch, wie sie lachend feststellt. Dies gilt umgekehrt genauso, wobei die Schimpansen alle Namen tragen und sich dessen sehr wohl bewusst sind, wie Costa da Rocha mit Namensaufruf kurz vorführt.
Wie ihre menschlichen Verwandten sind auch die Schimpansen nicht immer gleich gut aufgelegt. «Wenn Petiri beispielsweise gereizt ist, dann lasse ich das Training sein. Wollen die Affen nicht, muss es nicht sein», erzählt die Revierleiterin. Währenddessen poltert Schimpanse Sebastian in der Innenanlage gegen die Scheibe und macht sich mit seinen Schreien lautstark bemerkbar. Er will den Weibchen in der anderen Hälfte der Anlage imponieren. Aktuell sind die Männchen von ihnen getrennt, da Petiri demnächst einer Vasektomie unterzogen wird. «Da er kein reiner Westafrikanischer Schimpanse ist, darf er sich nicht fortpflanzen», erklärt Costa da Rocha. Früher habe man in Zoos die Männchen oft auch kastriert, was aber wegen der fehlenden Hormone viel weitreichendere Auswirkungen hatte, verloren doch die Tiere anschliessend auch deutlich an Kraft. Bei den Weibchen im Walter Zoo erfolgt die Geburtenkontrolle über die Antibabypille, wobei die Schimpansenweibchen ein für Menschen konzipiertes Produkt erhalten.
2018 gab es im Walter Zoo gleich dreifach Nachwuchs. Da Yamari von ihrer Mutter abgelehnt wurde, zogen Costa da Rocha und eine Kollegin die kleine Schimpansin mit der Flasche gross, um sie nach wenigen Monaten wieder in die Gruppe zu integrieren. «Dies funktionierte zum Glück problemlos, aber es hätte im schlimmsten Fall auch sein können, dass die Mutter Yamari tötet», erzählt die Revierleiterin. Der Entscheid, die Handaufzucht vorzunehmen, sei in Absprache mit den europäischen Zuchtbuchverantwortlichen getroffen worden. Das Zuchtbuch gibt auch vor, welche Tiere den Walter Zoo verlassen oder neu zur Gruppe stossen. Weil man 2023 eine Gruppe von sechs Männchen gemeinsam weitergeben konnte, ist die Gossauer Schimpansenpopulation auf zwölf gesunken. Doch auch zwölf Individuen dieser schlauen Spezies fordern die fünf Mitarbeitenden des Affenreviers genug heraus. «Sie kontrollieren immer wieder, ob wir die Schlösser auch wirklich verschlossen haben. Man muss in der Arbeit mit ihnen immer präsent sein, denn sie sind es auch», stellt Costa da Rocha klar. Einen Fehler dürfe man sich nicht erlauben, denn die Schimpansen seien die gefährlichsten Tiere im Zoo, da sie sich ihrer physischen Überlegenheit im Gegensatz zu anderen Tieren sehr wohl bewusst sind.
Die Schimpansen beobachten auch stets, was die Pfleger machen, und so stehen sie bereit, als die Revierleiterin mit einem kleinen Haferimbiss kommt. Die Ernährung der Schimpansen folgt heute einem klaren Ernährungsplan, während man früher einfach verfüttert habe, was gerade vorhanden war, wie Thomas Harder, Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung, erklärt. Die Nahrungssuche wird auch viel stärker als früher dazu genutzt, die Tiere zu beschäftigen. Mindestens acht Mal täglich werde Futter für die Allesfresser ausgestreut, erklärt die Revierleiterin – auch viel kleine Dinge, die die Affen suchen müssen. Wenn Costa da Rocha über die Schimpansen spricht, spürt man die Faszination, die diese Tiere auf sie ausüben. Wegen ihnen begann sie einst die Lehre im Walter Zoo. «Für mich war Tierpflegerin als Kind nie ein Traumberuf. Doch als ich im Zoo schnupperte, hat es mich wegen der Schimpansen gepackt. Wie sie Emotionen zeigen und wie die Gruppendynamik funktioniert, hat mich unheimlich fasziniert», erzählt die Flawilerin.
Von Tobias Baumann.
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