Der Chef und die Chefin
Nadja und Pascal Montagner von Underwater University
Unter anderem Alligatoren, Warane, Tejus, Schlangen, Fische und verschiedene Affenarten gehören zum Revier von Roman Burkhard. Der 48-Jährige hielt privat schon seit vielen Jahren Reptilien und kam vor neun Jahren auf dem dritten Berufsweg in den Walter Zoo. Hier betreut er auch die Stumpfkrokodile, die bald weiterziehen werden.
Walter Zoo «Ein wunderschönes Gelege. Es ist richtig warm. Ich bin überzeugt, hier würden Krokodile erfolgreich schlüpfen», erklärt Roman Burkhard, Revierleiter Reptilien im Walter Zoo, als er das Nest des Stumpfkrokodilweibchens untersucht. Allerdings hat der Walter Zoo keine Zuchtempfehlung vom Zuchtbuchverantwortlichen für die Stumpfkrokodile. «Einerseits verfügen wir nicht über den benötigten Platz und andererseits handelt es sich bei diesem Paar um Tiere im fortgeschrittenen Alter und um Vater und Tochter», erklärt der Revierleiter. Inzucht ist bei Reptilien erst ein Problem, wenn sie über Generationen hintereinander anhalte. Doch das alte Affenhaus, in dem die Stumpfkrokodile zuhause sind, wird bei der Umsetzung des Masterplans 2040 abgerissen. So werden die beiden Tiere – das Männchen lebt seit über fünf Jahrzehnten im Walter Zoo – in den Zoo von Salzburg disloziert, sobald dort die neue Anlage fertig gebaut ist. «Wenn wir einen Platz finden für Tiere, die früher oder später wegmüssen, nutzen wir die Möglichkeit», erklärt Thomas Harder, Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung.
Noch unklar ist, was mit dem dritten Exemplar geschieht. Dieses entstammt einer natürlichen Brut seiner Eltern. «Nach einer gewissen Zeit muss man die Kleinen von den Eltern trennen, so wie dies in der Natur auch der Fall wäre. Die adulten Tiere würden ihren Nachwuchs nicht mehr neben sich tolerieren», erklärt Burkhard, weshalb das subadulte Tier allein in seinem Bereich ist. Um zu verhindern, dass weiterer Nachwuchs dazukommt, für den kein Platz vorhanden ist, untersucht der Revierpfleger die Brut. Alle befruchteten Eier werden herausgenommen oder angestochen, so dass sich kein Embryo entwickeln kann. Das Gelege zu untersuchen ist allerdings gar nicht so einfach, schliesslich wird dieses von der Mutter streng bewacht. Dank seinen zwei Arbeitskolleginnen, die die Krokodile mit einer Portion Fisch beschäftigen, kann Burkhard seine Arbeit aber ohne Stress für Mensch und Tier durchführen. Das Gelege mit den ursprünglich 17 Eiern wird vom Reptilienexperten gleich wieder hergerichtet, denn das Weibchen soll sich weiterhin um ihre Brut kümmern.
«Wir wollen im Zoo natürliches Verhalten fördern und die Tiere beschäftigen. In dieser Hinsicht gibt es nichts Besseres als die Aufzucht von Nachwuchs», weiss Burkhard. Erst sei das Tier rund zwei Monate damit beschäftigt, ein Nest zu bauen, nun kontrolliere es mit seiner Sensorik ständig die Temperatur und die Feuchtigkeit. Eine solche Daueraufgabe können die Tierpfleger ihren Schützlingen nicht bieten. Beschäftigt werden die Krokodile ansonsten bei der Fütterung. «Wir machen ein Station-/Target-Training, um das Lauern zu simulieren und Bissattacken untereinander wegen Futterneid zu verhindern», erklärt Burkhard. Wenn die Tiere ihre lange Schnauze ans richtige Ziel halten, werden sie mit einem Fisch belohnt. Obwohl Stumpfkrokodile zu den kleineren Krokodilarten gehören, ist im Umgang mit ihnen Vorsicht geboten. Burkhard wurde bei seiner früheren Arbeit in einer privaten Einrichtung zweimal von einem Krokodil gebissen. «Den Kiefer bringt man mit Gewalt nicht auf, die Tiere haben eine enorme Beisskraft. Man benötigt einen Stab, so dass das Tier denkt, es habe die Beute noch nicht ganz fest. Sobald es nachfassen möchte, muss man den Arm rausziehen», erzählt der 48-Jährige.
Im Gegensatz zu den anderen Revierleiterinnen und -leitern hat der gebürtige Zürcher den Beruf des Tierpflegers nicht auf dem ersten Bildungsweg und auch nicht im Walter Zoo erlernt. Nach einer Lehre zum Dekorationsgestalter und einer Zweitlehre als Metallbauer wurde er durch einen Unfall mit 30 Jahren berufsunfähig auf dem Bau. «Dann habe ich die Hundetrainerausbildung und später die Lehre als Tierpfleger absolviert», erzählt der zweifache Familienvater, der seine Frau bei der Arbeit im Hundeheim kennengelernt hat. Heute arbeitet diese ebenfalls für den Walter Zoo – auf Stundenbasis in der Futtervorbereitung. Die Burkhards kamen vor neun Jahren nach Gossau, als der Walter Zoo einen Revierleiter für seine Reptilien suchte und sich Roman erfolgreich bewarb. In seiner jetzigen Tätigkeit könne er alle drei erlernten Berufe perfekt kombinieren, erzählt Burkhard und zeigt den Kunstfelsen, den er in der Anlage für die Tigerpythons modelliert hat. Diese Tiere werden rund alle zwei Monate mit etwa drei Kilogramm Fleisch – zum Beispiel Kaninchen – gefüttert, erzählt er nebenbei. Sogar nur viermal im Jahr, dafür dann gleich mit vier bis fünf Kilogramm Fleisch, wird die Grüne Anakonda gefüttert.
Zu Burkhards Revier gehören auch die Quittenwarane, die mit ihrer gespaltenen Zunge die Beute aufspüren können, indem sie feststellen, auf welcher Seite der Zunge mehr Duftmoleküle des Beutetiers vorkommen. Auch über die Krokodiltejus, die er jeden vierten Tag einzeln auf ihrem Platz mit 160 Gramm Schnecken füttert, weiss Burkhard viel zu erzählen. Mit etwas Sorge betrachtet der Revierleiter die beiden Alligatoren, die 1974 in den Zoo kamen und zwischen 53 und 55 Jahre alt sind. «In der freien Natur werden Alligatoren durchschnittlich etwa 30 Jahre alt. In den letzten Jahren haben ihre Gebrechen zugenommen», erzählt er. Überhaupt keine Altersmüdigkeit ist dagegen bei den kleinen Äffchen im Tropenhaus zu spüren, die zu den Publikumslieblingen im Walter Zoo gehören und denen Burkhard jetzt lebende Heuschrecken verfüttert. «Die Zwergseidenäffchen sind noch frecher und sausen bei Fangspielen unter meinem T-Shirt durch», erzählt er lachend.
Von Tobias Baumann.
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