Die Chefin
Beatrice Mock vom Verein Schlofftheater in Rorschach
Walter Grob fährt seit zwei Jahren für den Verein Tixi St.Gallen. (Bildquelle: Selim Jung)
Seit 1984 sorgt Tixi St.Gallen dafür, dass Betagte und Menschen mit Beeinträchtigungen in der Ostschweiz von A nach B kommen. Diesen März feiert der gemeinnützige Verein sein 40-Jahr-Jubiläum.
Reportage «Es braucht immer Leute, die ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben. Sonst könnte unsere Gesellschaft nicht funktionieren», sagt Walter Grob (69), Vorstandsmitglied bei Tixi Taxi St.Gallen und ehrenamtlicher Chauffeur. Der Pensionär aus Teufen fährt zweimal die Woche für den Verein und transportiert Menschen mit Beeinträchtigungen und ältere, betagte Leute. Er ist einer von insgesamt 81 Fahrerinnen und Fahrern, die für den Verein tätig sind. «Momentan haben wir genügend Fahrerinnen und Fahrer, sodass wir nie einen Fahrgast abweisen müssen. Wir sind aber trotzdem immer auf der Suche nach motivierten Freiwilligen, die Interesse daran haben, für einen guten Zweck Taxi zu fahren oder in der Zentrale Fahraufträge zu disponieren», sagt Grob. Im vergangenen Jahr verzeichnete der Verein 21 Abgänge und 13 Neuzugänge von Fahrerinnen und Fahrern. Mit ihren insgesamt sieben Fahrzeugen legten die Tixi-Fahrer eine Strecke von über 260'000 Kilometer zurück und transportierten gut 15'000 Passagiere.
Es ist noch frühmorgens und Grob ist nahe der Stadt St.Gallen unterwegs, wo er seinen ersten Fahrgast des Tages abholen muss. «Diese Kundin kenne ich gut. Sie nutzt die Dienste von Tixi St.Gallen regelmässig, da sie oft zum Reiten auf den Bio-Hof Nünegg in Herisau geht», erklärt Grob. Am Treffpunkt angekommen kommt die Kundin, sichtlich erfreut über Grobs Ankunft, mit einem strahlenden Lachen aus der Haustüre. Die Kundin, die eine geistige Beeinträchtigung hat, ist weder im Rollstuhl, noch hat sie sonst Mühe, sich zu Fuss fortzubewegen. Trotzdem ist sie auf die Dienste des Tixi Taxis angewiesen. «Nicht alle unsere Kunden haben Mühe mit dem Gehen. Jetzt müssen wir zum Beispiel zu einem abgelegenen Hof, der mit dem ÖV nicht erreichbar ist. Dort hinzugelangen, wäre für den Fahrgast eine grosse Herausforderung», erklärt Grob. Tixi St.Gallen nehme die unterschiedlichsten Fahraufträge von Betagten und Menschen mit Beeinträchtigungen an, solange sich die Zieldestination in der Ostschweiz befände. Alle Fahrten in der Zone 1, also in der Stadt St.Gallen, kosten pauschal sieben Franken. Fahrten in die Zone zwei, in die zum Beispiel Gossau, Herisau, Rorschach oder Engelburg gehören, kosten 14 Franken. Fahrten in die Zone drei, zum Beispiel nach Oberbüren oder Grub, kosten 21 Franken. Ob jemand zu einem Arzttermin müsse oder bloss einkaufen gehe, spiele dabei keine Rolle. Grob biegt in die Einfahrt zum Bio-Hof Nünegg ein. Auf dem Rücksitz wird es merklich unruhig. Als Grob seiner Kundin die Türe öffnet, rennt sie vor Freude lachend an ihm vorbei herunter zum Hof. Grob muss lachen. «Das ist eine der schönsten Seiten dieses Jobs. Wenn ich sehe, wie viel Freude ich jemandem mit einer Fahrt bereiten kann, ist das sehr befriedigend», sagt Grob und fährt fort: «Wir müssen weiter. Für den nächsten Auftrag müssen wir nach Goldach.»
Grob fährt seit zwei Jahren für den Verein Tixi St.Gallen und ist nebenbei als Aktuar auch im Vorstand tätig. Nach seiner Pensionierung suchte der ehemalige Gemeindepräsident der Gemeinde Teufen eine sinnvolle Beschäftigung, die ihm wieder Tages- und Wochenstruktur gab. Ein Bekannter von ihm, der ebenfalls für das Tixi Taxi fährt, empfahl ihm, sich beim Verein zu melden. «Grundsätzlich kann jeder, der einen Führerausweis Kategorie B besitzt, bei uns Fahrer werden. Man muss aber schon der Typ für diesen Job sein. Ich glaube am wichtigsten ist, dass man Menschen mag», so Grob. Der Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung sei etwas, das etwas Übung brauche, lernen könne das aber jeder. Grob selbst hat damit viel Erfahrung: «Ich habe eine Tochter, die mit einer körperlichen Beeinträchtigung lebt und weiss deshalb, was im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen wichtig ist. Am besten ist, wenn man sich nicht verstellt, sondern mit den Leuten so umgeht und redet wie mit allen anderen auch.» In Goldach angekommen baut Grob für den nächsten Fahrgast die Rampe auf. Dieses Mal handelt es sich bei der Kundin um eine junge Frau im Rollstuhl. Auf dem Zettel mit dem Fahrauftrag steht in Rot der Hinweis geschrieben «Hört gerne Musik». «Unsere nächste Kundin ist ebenfalls ein Stammgast. Da sie nicht wirklich redet, höre ich mit ihr während der Fahrt jeweils Musik», so Grob. Für ihn gehe es bei seiner Freiwilligenarbeit nicht nur darum, die Leute sicher zu transportieren, sondern auch darum, dafür zu sorgen, dass sich seine Fahrgäste wohlfühlen. Die junge Frau muss zur HPV in Goldach. Die Strecke ist zwar nur sehr kurz, trotzdem ist die Familie der Frau auf die Hilfe des Tixi Taxis angewiesen. «Ihr Rollstuhl ist so gross, dass er nicht in ein normales Auto passt und sie zu Fuss zu transportieren würde zu lange dauern. Daher braucht sie uns für diese kurze Strecke», erklärt Grob. Vorsichtig schiebt er die junge Frau über die Rollstuhlrampe ins Fahrzeug und sichert sie und ihren Rollstuhl. Wenige Minuten später biegt er auf den Parkplatz der HPV ein.
Diesen März feiert der Verein Tixi St.Gallen sein 40-jähriges Bestehen. Im Sommer ist ein Anlass für alle Mitarbeitenden geplant. «Unter dem Motto ‘vom See zum Berg’ werden wir uns zuerst am See die Beine vertreten, bevor wir gemeinsam zum Hohen Kasten fahren, um dort zu Abend zu essen. Mit dem Anlass wollen wir allen Freiwilligen Danke sagen», erklärt Grob. Dass der Verein seit 40 Jahren existiert, sei erfreulich. Ein Zufall sei es allerdings nicht. Nur dank der Unterstützung freiwilliger Helferinnen und Helfer, den Beiträgen des Kantons und den Spenden Privater und diverser Stiftungen sei es möglich, so einen Service zu bieten. «Für diese Unterstützung sind wir sehr dankbar. Es gibt viele Stiftungen, die immer wieder an uns denken und auch der Kanton ermöglicht vieles. Auf diese Hilfe sind wir angewiesen, sonst könnten wir das Tixi Taxi nicht finanzieren», so Grob.
Von Selim Jung.
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