Der Chef
Marc Pahud von der Panettonerei Schweiz GmbH in Tübach
Mit dem Ausbauschritt 2023 wollen Bund und Parlament Engpässe durch punktuelle Ausbauten an sechs Autobahn-Abschnitten beseitigen. Gegen diesen Ausbauschritt 2023 wurde das Referendum ergriffen, weshalb am Sonntag, 24. November darüber abgestimmt wird. Die Bodensee Nachrichten haben eine Pro- und Kontra-Meinung aus Rorschach und Umgebung eingeholt.
Abstimmungen Bund und Parlament wollen mit dem Ausbauschritt 2023 die Engpässe auf sechs Abschnitten der Autobahn bereinigen. Für dieses Projekt sind 4,9 Milliarden Franken vorgesehen. Lesen Sie im Folgenden, weshalb Sandro Wasserfallen, Kantonsrat SVP, für den Autobahnausbau und weshalb Richi Faust, Präsident GRÜNE Kreispartei Rorschach, dagegen ist:
Sandro Wasserfallen (SVP), im Kantonsrat St.Gallen seit 2012
Wieso empfehlen Sie eine Annahme des Ausbauschrittes 2023 für die Nationalstrassen?
Der Ausbauschritt 2023 ist eine notwendige Antwort auf die wachsenden Verkehrsprobleme in unserem Nationalstrassennetz. Mit einer Annahme beseitigen wir bestehende Engpässe, reduzieren Stauzeiten und schaffen mehr Sicherheit auf unseren Strassen – gerade angesichts des erhöhten Verkehrsaufkommens durch Zuwanderung. Dieser Schritt sichert Mobilität und Lebensqualität und entlastet Städte und Gemeinden vom überlastenden Ausweichverkehr. Insbesondere für Pendler und die Wirtschaft ist eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur entscheidend.
Im Jahr 2023 gab es auf dem Nationalstrassennetz über 48'000 Staustunden. Dieser Zeitverlust verursacht laut Bundesrat und
Parlament jährlich erhebliche Kosten und der daraus resultierende Ausweichverkehr verursache Lärm und erhöhe das Unfallrisiko. Durch den Autobahn-Ausbau sollen Engpässe beseitigt und Städte und Gemeinden vom Ausweichverkehr entlastet werden. Besteht hier nicht die Gefahr, dass der Stau sich nach dem Ausbau lediglich hin zu anderen sich neu bildenden Engpässen verschiebt?
Der gezielte Ausbau ist darauf ausgelegt, Engpässe dort zu beheben, wo sie die grössten Auswirkungen haben. Die dazu parallel verlaufende Entwicklung des öffentlichen Verkehrs und moderne Mobilitätslösungen schaffen eine langfristige Entlastung und eine bessere Verteilung innerhalb der Gesamtinfrastruktur. Durch die stetig wachsende Bevölkerung und den damit verbundenen Verkehrsdruck sind all diese Massnahmen dringend notwendig.
Was für Auswirkungen hat eine Annahme für die Region Rorschach und Umgebung, insbesondere der damit verbundene Bau einer dritten Röhre des Rosenbergtunnels in St.Gallen?
Für die Region Rorschach und die ganze Ostschweiz bedeutet der Ausbau der dritten Röhre des Rosenbergtunnels eine signifikante Entlastung. Er verringert den Ausweichverkehr und damit die Staustunden, den Lärm sowie das Unfallrisiko in dicht besiedelten Gebieten. Die neue Röhre verbessert den Verkehrsfluss und stärkt damit die Anbindung und Attraktivität unserer Region.
Was sind die Vor- und Nachteile des Ausbauschrittes 2023?
Der Ausbauschritt 2023 verbessert die Sicherheit und Kapazität des Strassennetzes und entlastet Städte und Gemeinden. Die Mobilität wird gestärkt, was gerade für wachsende Regionen wichtig ist, die eine gut ausgebaute Infrastruktur benötigen. Zwar sind die Ausbaukosten hoch und es kommt zu temporären Behinderungen, jedoch sind diese Belastungen zeitlich begrenzt. Die langfristigen positiven Effekte überwiegen deutlich, insbesondere angesichts des steigenden Verkehrsaufkommens.
Sandro Wasserfallen (39) ist seit 2012 im St.Galler Kantonsrat, Fraktionsvorstandsmitglied der SVP und Hochschulrat der PHSG. Er arbeitet in Teufen als Sekundarlehrer und wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Goldach.
Richi Faust (Die GRÜNEN), Präsident GRÜNE Kreispartei Rorschach
Wieso empfehlen Sie eine Ablehnung des Ausbauschrittes 2023 für die Nationalstrassen?
Der Ausbau der Autobahnen bringt noch mehr Verkehr und Lärm in
die Dörfer und die Städte. Je mehr Verkehr auf der Autobahn, desto mehr fahren wieder von der Autobahn runter und verstopfen die Quartierstrassen, das braucht mehr Parkplätze und die Sicherheit für
die schwächeren Verkehrsteilnehmenden nimmt ab. Mit dem Ausbau setzen wir komplett falsche
Signale und erhöhen noch den
CO₂-Ausstoss. Die Reduktionsziele, die wir am Pariser Klimagipfel versprochen hatten, werden damit Makulatur.
Das Referendumskomitee bezeichnet den Autobahn-Ausbau als «überteuert» (Siehe im Abstimmungsbüchlein S. 18). Allerdings belastet keines der sechs Projekte den Bundeshaushalt, sondern die Finanzierung erfolgt aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds, der über Steuern und Abgaben vom motorisierten Verkehr finanziert wird. Der Verursacher finanziert also den Ausbau, wer nicht im Individualverkehr unterwegs ist, hat keine Kosten. Ist der Ausbau «überteuert» und wenn ja, wieso?
Wir haben in Europa den höchsten Standard für den Strassenbau, wovon die Baukonzerne übermässig profitieren. In Deutschland kosten 1 Kilometer Autobahn durchschnittlich 17 Millionen, bei uns sind es 150 Millionen. Allein die Tunnelprojekte in der Stadt St.Gallen kosten 1,3 Milliarden, hinzu kommen jährlich grosse Unterhaltskosten. Sogar die Olma Halle 9 samt Parkhaus wird abgerissen und neu gebaut. Das ist die aktuell grösste Fehlinvestition, denn die Verkehrsprobleme werden damit nur verschoben und verschlimmert.
Was für eine Auswirkung hat eine Annahme für die Region Rorschach und Umgebung, insbesondere der damit verbundene Bau einer dritten Röhre des Rosenbergtunnels in St.Gallen?
Bei einer Ablehnung können wir leider nicht davon ausgehen, dass auf den Autobahnanschluss Rorschach verzichtet wird, denn dafür ist das Geld schon bewilligt. Jedoch könnte mit einem Nein die Deponie für das Ausbruchmaterial in Mörschwil verhindert werden. Dort soll im Wisental auf 135'000 m² auch belastetes Material von den St.Galler Tunnels abgelagert werden. Die Region und wir alle könnten bei einem Nein davon profitieren, dass die Klimaschutzmassnahmen nicht erneut torpediert werden und zukünftige Schäden durch Hochwasser und Erdrutsche vermindert werden.
Was sind die Vor- und Nachteile des Ausbauschrittes 2023?
Die vermeintliche Staubeseitigung ist eine Illusion, denn der Stau wird nur verbreitert und verschoben. Bei einem Nein würden grosse Mittel frei, die für intelligente Verkehrslenkung zur Verfügung stehen. Zum Beispiel adaptive Geschwindigkeitsregelung, Verlagerung der Pendlerzeiten, Car-Sharing sowie der weitere Ausbau der Velowege und des öffentlichen Verkehrs. Und es ist kein Naturgesetz, dass es immer mehr Autoverkehr geben muss.
Richi Faust (wird am Freitag 71) ist wohnhaft in Mörschwil und seit über 40 Jahren in der Grünen Politik im Kanton St.Gallen und in der Region Rorschach und Umgebung engagiert. Seit 2009 leitete er mit Unterbrüchen die Gruppe der Grünen
Region Rorschach und seit 2019 ist er
deren Präsident.
Von Claudia Eugster.
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