Die Chefin
Beatrice Mock vom Verein Schlofftheater in Rorschach
Am Sonntag, 22. September wird über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) abgestimmt. Die Bodensee Nachrichten haben eine Pro und eine Kontra Stimme von Politikern dazu eingeholt.
Abstimmungen In den Abstimmungen am Sonntag, 22. September wird über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) entschieden. Sie zielt darauf ab, die Finanzierung der 2. Säule zu stärken, das Leistungsniveau insgesamt zu erhalten und die Absicherung von Personen mit tiefen Einkommen sowie Teilzeitbeschäftigten zu verbessern. Gegner der Reform argumentieren, dass bei einer Annahme die obligatorischen Lohnabzüge der Arbeitnehmer und die Kosten pro Arbeitgeber steigen würden. Ausserdem bleibe das Problem des fehlenden Teuerungsausgleiches ungelöst. Lesen Sie was zwei SVP-Politiker aus Goldach dazu meinen:
Martin Hochreutener, Kantonsrat SVP und Gemeinderat von Goldach (seit 2016)
Wieso empfehlen Sie eine Annahme der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG)?
Es gibt zwei Hauptgründe meiner Meinung nach: Erstens tragen wir mit dieser Reform Rechnung, dass wir immer älter werden. Daher ist es unumgänglich, dass wir den Umwandlungssatz anpassen, ansonsten laufen wir Gefahr, dass die Pensionskassen in Schieflage geraten können und werden und dies hätte zur Folge, dass jeder Versicherte an das Minus zahlen müsste. Zweitens will man, dass auch Teilzeitangestellte in den Genuss von Altersvorsorge kommen und dies ist mit dieser Vorlage gewährleistet.
Eine Studie des Beratungsunternehmens BSS kommt auf rund 169’000 Personen, die wegen der Reform eine tiefere Rente erhalten würden (Jahreseinkommen zwischen ungefähr 70’000 und 88'200 Franken). Wer nicht zu den 15 Jahrgängen der Übergangsgeneration zählt, der erhält keinen Rentenzuschuss. Wieso wurde die Grenze bei 50 Jahren gesetzt?
Wo soll man sie den setzen, bei 45 oder bei 55? Je tiefer die Grenze, desto mehr müssen die jüngeren Arbeitnehmer daran zahlen, was sicher nicht im Interesse der Reformgegner sein kann. Der Kompromiss 50 fand eine Mehrheit in Bundesbern. Die ganze Reform hat soviele Punkte und es musste eine Lösung gefunden werden, welche mehrheitsfähig sein kann und dies wurde mit diesen Punkten erreicht. Natürlich sind nicht alle zufrieden, aber was wäre denn die Alternative? Nichts tun und warten bis die Pensionskassen sich in massive Engpässe manövrieren! Will das wirklich jemand in Kauf nehmen?
Die Rentenzuschüsse sollen hauptsächlich über den Sicherheitsfonds und daher von allen Versicherten solidarisch finanziert werden. Alle Pensionskassen, auch jene, die von der Reform gar nicht betroffen sind, müssen einen Beitrag leisten um die Kompensationszahlungen für die 15 Übergangsjahrgänge zu finanzieren. Falls eine Pensionskasse die entsprechenden Mittel nicht bereit hat, müsste diese zusätzliche Beiträge von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern erheben. Was für Auswirkungen hätte das erstens für die Arbeitnehmer und zweitens für die Arbeitgeber?
Die Auswirkungen für die Arbeitnehmer wären mehr BVG-Abzüge. Die Auswirkungen für die Arbeitgeber wären ebenfalls mehr BVG-Beträge zahlen und sicher schauen ob ein Kassenwechsel (bei gleichen Leistungen) nicht für beide Sinn machen würden.
Kern der Reform ist die Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8 auf 6.0 Prozent, das führt unmittelbar zu entsprechend tieferen Renten. Wieso ist es im Interesse des jetzigen Erwerbstätigen, eine tiefere Rente zu erhalten?
Die Frage ist verfänglich, denn über 80 Prozent der Erwerbstätigen erhalten mehr Rente beziehungsweise erstmalig eine Rente (Teilzeitangestellte). Ausserdem hat man durch die Reduktion der Abzüge bei den über 55-Jährigen 4 Prozent weniger Abzüge, also mehr Nettolohn. Und der Alterskampf gegen eine Anstellung wird sicher abnehmen, da die Differenz massiv kleiner wird (von maximal 11 Prozent auf maximal 5 Prozent bei den BVG-Abzügen).
Martin Hochreutener (54) ist SVP Kantonsrat und seit 2016 Gemeinderat von Goldach. Er kandidiert bei den kommenden Wahlen am Samstag, 22. September erneut für das Amt des Gemeinderates.
Jürg Lindenmann (SVP), Präsident SVP Goldach und Gemeinderatskandidat
Wieso empfehlen Sie eine Ablehnung der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG)?
Die Vorlage (10 Seiten Abstimmungstext!) ist auch bei all den guten Ansätzen, die sie beinhaltet ein Flickwerk. Niemand und auch nicht die Rechenexperten beim Bund haben Klarheit über die Auswirkungen der Reform für den Einzelnen. «Fragen sie Ihre Pensionskasse» rät BR Baume-Schneider. Klar ist nur, dass 11 Milliarden Franken Kompensation über 15 Jahre von allen Erwerbstätigen solidarisch zu finanzieren sind. Die 2. Säule ist obligatorisches privates Sparen und der Staat sollte nicht an Umwandlungssätzen rumpfuschen und auch nicht durch die Hintertüre ein Umverteilungsverfahren à la AHV in der 2. Säule einführen. In Tat und Wahrheit gibt es nur eine für alle und vor allem die Jungen faire Lösung, und das ist die Erhöhung des Pensionsalters.
Eine Studie des Beratungsunternehmens BSS kommt auf rund 169’000 Personen, die wegen der Reform eine tiefere Rente erhalten würden (Jahreseinkommen zwischen ungefähr 70’000 und 88'200 Franken). Wer nicht zu den 15 Jahrgängen der Übergangsgeneration zählt, der erhält keinen Rentenzuschuss. Wieso wurde die Grenze bei 50 Jahren gesetzt?
Die Rentenzuschläge sollen für Erwerbstätige ab 50 Jahren nach Inkrafttreten der Vorlage kompensieren, dass diese nicht mehr genug Zeit haben, die Senkung des Umwandlungssatzes durch die höheren Beitragszahlungen bis zur Pensionierung selbst auszugleichen. Zusätzliches Kriterium ist die Höhe des angesparten Altersguthabens zum Zeitpunkt der Pensionierung. Warum die Grenze genau bei 50 Jahren angesetzt wurde und wie die Höhe des zulässigen Altersguthabens zustande kam, wissen nur die Rechenexperten beim Bund.
Die Rentenzuschüsse sollen hauptsächlich über den Sicherheitsfonds und daher von allen Versicherten solidarisch finanziert werden. Alle Pensionskassen, auch jene, die von der Reform gar nicht betroffen sind, müssen einen Beitrag leisten um die Kompensationszahlungen für die 15 Übergangsjahrgänge zu finanzieren. Falls eine Pensionskasse die entsprechenden Mittel nicht bereit hat, müsste diese zusätzliche Beiträge von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern erheben. Was für Auswirkungen hätte das erstens für die Arbeitnehmer und zweitens für die Arbeitgeber?
Für alle Arbeitnehmer bedeutet das für die nächsten 15 Jahren nach Inkrafttreten der Vorlage, dass ihre Pensionskasse ihr Alterskapital entweder niedriger verzinst oder durch die Arbeitnehmer zusätzliche Lohn-Beiträge A-fonds-perdu in den Sicherheitsfonds einzuzahlen sind.
Für die Arbeitgeber bedeutet die Reform schon grundsätzlich höhere Lohnkosten und sie müssen auch eventuell notwendige Beitragszahlungen an den Sicherheitsfonds in derselben Höhe, wie die Arbeitnehmer leisten, was vor allem für Arbeitgeber in margenschwachen Branchen wie zum Beispiel der Gastronomie die schon knappen Erträge zusätzlich schmälert.
Kern der Reform ist die Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8 auf 6.0 Prozent, das führt unmittelbar zu entsprechend tieferen Renten. Wieso ist es im Interesse des jetzigen Erwerbstätigen, eine tiefere Rente zu erhalten?
Die Senkung des Umwandlungssatzes soll durch höhere Lohnbeiträge der Erwerbstätigen finanziert werden. Insofern wird dadurch die Rente nicht gesenkt, sondern sollte durch das dadurch höhere Altersguthaben gleich hoch bleiben. Allerdings fallen damit auch die Lohnabzüge höher aus. Das Ganze ist ein Nullsummenspiel mit einer «Stopf das Loch» Übung für die Übergangsjahrgänge, um deren Zustimmung an der Urne zu kaufen.
Ehrlicher wäre es, das Pensionsalter zu erhöhen, weil nur damit eine gleich hohe Altersrente bei längerer Lebensdauer sichergestellt werden kann.
Zu dieser Vorlage gibt es nur eines zu sagen und wie Elvis schon sang: «Return to sender».
Jürg Lindenmann (59) ist seit März 2023 Präsident der SVP Goldach und kandidiert bei den kommenden Wahlen am Samstag, 22. September für den Gemeinderat Goldach.
Von Claudia Eugster.
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