Der Chef und die Chefin
Nadja und Pascal Montagner von Underwater University
Seit nunmehr zehn Jahren ist das Café Negropont an der Reitbahnstrasse 2 in Rorschach ein gutbesuchtes Mittagsrestaurant und vielgeschätzter Treffpunkt. Am Freitag, 23. August feiert der Begegnungsort mit allen Engagierten und Stammgästen das 10-jährige Jubiläum.
Rorschach Das Haus mit dem exotisch klingenden Namen «Negropont» an der Reitbahnstrasse 2 ist seit zehn Jahren ein beliebter Treffpunkt in Rorschach. Es wird von freiwilligen Seniorinnen und Senioren geführt und ermöglicht eine Begegnung zwischen den Generationen. Über die Jahre seit der Eröffnung am 11. August 2014 ist das Café Negropont zu einer erfolgreichen Institution gewachsen und zum gesellschaftlichen und kulturellen Begegnungsort avanciert. Dies wird morgen am Freitag, 23. August 2024 mit einer Jubiläumsfeier gebührend gefeiert. Aber wie kam es dazu?
Das ursprüngliche Haus «Negropont» wurde im Jahr 1475 erbaut. «Negro ponte» bedeutet «schwarze Brücke». Unter Rorschacher Einheimischen heisst es, es trage diesen Namen zu Ehren der gefallenen Söldner aus der Gegend um Rorschach, welche im Dienste der Republik Venedig im Jahr 1688 im Kampf um die türkische Festung «Negropont» in der Aegäis fielen. Das ursprüngliche Haus wurde allerdings rund 500 Jahre nach seiner Erbauung am 7. Februar 1973 ein Opfer des Feuers. An derselben Stelle wurde 1979 von Anton Ringer ein neues Wohn- und Geschäftshaus errichtet. Um an den Vorgängerbau zu erinnern, wurde der Name Negropont beibehalten. Im Erdgeschoss war schon immer ein Café. Als dieses geraume Zeit leer gestanden hatten, kam dem Hausbesitzer Anton Ringer gemeinsam mit Hans-Paul Candrian, dem damaligen Präsidenten des Regionalkomitees von Pro Senectute, die Idee, einen Treffpunkt für Seniorinnen und Senioren in Rorschach zu schaffen. Ihr Vorhaben stiess auf offene Ohren und es wurde eine Projektgruppe ins Leben gerufen. Bereits ein Jahr später, am 11. August 2014, konnte das Café Negropont mit Kurt Ress als erstem Wirten eröffnet werden. Heute – zehn Jahre später – ist es ein gut besuchtes Mittagsrestaurant und geschätzter Begegnungsort. «Es ist mehr als ein Café», so Sylvia Huber. Sie ist die derzeitige Wirtin des Café Negropont und gleichzeitig Koordinatorin. Als Vertreterin von Pro Senectute begleitet und unterstützt Sylvia Huber die freiwilligen Helferinnen und Helfer und schafft die Rahmenbedingungen, sodass das Café Negropont grösstenteils selbstorganisiert funktionieren kann. Es ist ein kleiner Mikrokosmos in Rorschach, der nun bereits seit zehn Jahren existiert und sich durch rund 30 freiwillige Seniorinnen und Senioren selbst erhält. Das Restaurant ist am Mittag gut besucht. Die Kochgruppe verwöhnt die Gäste kulinarisch und das Serviceteam kümmert sich um ihr Wohl. Gleichzeitig ist es tagsüber ein geschätzter Begegnungsort an dem verschiedene Veranstaltungen und unterstützende Kurse statt finden und wo mit Jass-, Spiel- und Strick-Nachmittagen oder Kunstausstellungen das gesellige und kulturelle Leben miteinander gepflegt wird.
Das Café Negropont lebt aber natürlich erst richtig, wegen seiner Gäste. «Wir haben viele Stammgäste, die hier eine Art Zuhause gefunden haben, wo sie vorbeikommen und ihre Kontakte pflegen können», erzählt Sylvia Huber. So ist das Café Negropont beim Betreten in der Tat auch nach der Mittagszeit sehr belebt. An einem Fensterplatz unterhalten sich zwei Herren angeregt. An einem Tisch daneben liest ein Mann Zeitung. In der einen Ecke im hinteren Bereich findet gerade ein Spielnachmittag statt und eine Vierergruppe Frauen spielt Canasta. Zwei davon waren an diesem Mittag freiwillig Teil des Koch- und Serviceteams. Esther, seit knapp sechs Jahren als Köchin im Negropont engagiert, wollte nach der Pension weiterhin etwas tun und arbeitet nun einmal in der Woche im Kochteam mit. Sie erzählt davon, dass es zu Beginn schwierig gewesen sei, für 20 bis 25 Leute zu kochen. Allerdings sei immer auch eine Küchenhilfe dabei. Dies war heute Hanna, die ebenfalls nach getaner Arbeit noch geblieben ist, um Canasta mit den Freundinnen zu spielen. «Vor sechs Jahren habe ich einmal etwas über das Café Negropont in der Zeitung gelesen und dass freiwillige Helfer gesucht werden. Als ich dann zufällig in der Gegend war, trank ich hier einen Kaffee und erkundigte mich bei dieser Gelegenheit bei Sylvia genauer», erzählt die Rentnerin. Seither arbeitet Hanna zweimal im Monat freiwillig als Küchenhilfe mit.
Hinter der Theke lächelt Cornelia einem entgegen. Sie ist frisch in Pension und noch ganz neu im Team. Die Frage, warum sie sich freiwillig im Café Negropont engagiere, beantwortet sie folgendermassen: «Es ist eine angenehme Abwechslung und schön den Tag damit zu verbringen, mit den Gästen während der Arbeit Gespräche zu führen und ihnen eine Freude zu machen.» Die Atmosphäre ist locker und nicht gehetzt, da kein Verkaufsdruck besteht, auch wenn das Café sich durch die Einnahmen trotzdem selbst finanziert. Die zweite Servicearbeiterin Susanne steht heute vor einer grossen Herausforderung: Sie ist zum ersten Mal Tagesverantwortliche. Die Seniorin besteht die Bewährungsprobe mit Bravour und gibt dabei ebenfalls noch Auskunft über ihre Motivation zur Freiwilligenarbeit: «Es besteht kein Zwang und die Arbeit macht einfach Freude.»
Nebst diesen vier Seniorinnen besteht das Freiwilligen-Team des Café Negropont aus weiteren rund 30 Engagierten. Dank ihrer aller grossem Einsatz und der Unterstützung von Pro Senectute bereichert das Negropont seit nunmehr zehn Jahren das gesellschaftliche Leben der Stadt Rorschach.
Einige Freiwillige sind gleichzeitig auch Gäste, wie die beiden Canasta-Spielerinnen Esther und Hanna, aber natürlich gibt es auch viele, die nur als Gast hier ein und aus gehen. Sie kommen vor allem um der Geselligkeit willen. Gleich beim Eingang befindet sich der Stammtisch. Die Geschwister Astrid und Herbert kommen jeden Tag vorbei, wenn das Café geöffnet hat. «Es gibt gutes und abwechslungsreiches Essen und es ist günstig», sagt Herbert und «grad um de Egge» sei es. «Mit der Haltestelle Bodan gleich vor dem Haus ist es auch für jene, die schlecht zu Fuss sind, ‘gäbig’ zu erreichen», ergänzt Astrid.
Lydia und Peter kommen aber lieber jeweils mit ihrem «Chärreli», das sie gleich vor dem Eingang zum Café Negropont geparkt haben. Es wird wohl vielen Rorschachern vom Vorbeidüsen wohlbekannt sein, wohnen die beiden doch in der Nähe des Hauptbahnhofs und müssen daher durch die ganze Stadt fahren, wenn sie ins Negropont wollen. Dies zeigt, was für einen breiten Radius das Café hat. Sie kämen ein bis zweimal pro Woche vorbei, vor allem wegen der guten Gesellschaft, so die beiden Rentner.
Und dann findet sich an dem Stammtisch doch tatsächlich noch ein weiteres Rorschacher Urgestein: Margrith Fuchs, die 30 Jahre die Wirtin des Freiecks war, wohnt seit einem Jahr in der Nähe des Negroponts und kommt seither hier vorbei. Neben ihr sitzt noch eine Margrit, eine langjährige Freundin von ihr, wie sie erklärt. Sie kennen sich schon seit Kindheitstagen und hätten nun gemeinsam das Negropont für sich entdeckt. Alle diese aufgestellten Menschen kannten jemanden, der jemanden kannte, der das Negropont kannte – Das Café lebt vor allem von Mund zu Mund Propaganda, die einen bunten Haufen Stammgäste zusammen brachte, die es schätzen, hier den Kontakt miteinander pflegen zu können. Sie alle werden sicherlich nach Möglichkeit auch an der Jubiläumsfeier morgen Freitag, 23. August mit dabei sein. Es spielt das Akkordeonduo Evergreen. Für die Öffentlichkeit gibt es am Jubiläumstag ab 11 Uhr bis 21.30 Uhr Bratwurst, Bürli und ein Getränk «über d’Gass» zum Spezialpreis von 10 Franken. Wer am Abend ab 20 Uhr vorbeikommt, kann mit dem Team mitfeiern. «Wir freuen uns, Jung und Alt im Café Negropont begrüssen zu dürfen», sagt Sylvia Huber voll Vorfreude auf das Jubiläumsfest oder ansonsten zu den regulären Öffnungszeiten am Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag jeweils von 9 bis 17.30 Uhr.
Von Claudia Eugster.
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