Dominik Gemperli
über den aktuellen Stand des Gmünderhauses in Goldach
In Steinach kocht die Stimmung: Die St.Galler Regierung will mit ihrem Entlastungspaket 2026 bis 2028 eine jahrzehntelange Schulvereinbarung anpassen. Die Gemeinde wendete sich mit einem Brief an den Regierungsrat und lässt spüren, dass sie vom Vorhaben wenig hält.
Steinach Die Gemeinde Steinach geht auf die Barrikaden. Grund ist ein Entscheid der St.Galler Regierung, der das Bildungsleben im Dorf auf den Kopf stellen würde. Im Entlastungspaket 2026 plant der Regierungsrat, den sogenannten Steinacher Vertrag anzupassen. Es ist eine Vereinbarung, die seit Jahrzehnten regelt, dass Steinacher Kinder ihre Oberstufe in Arbon (TG) absolvieren und das Gymnasium in Romanshorn (TG) besuchen dürfen.
Die Lösung funktioniert seit Generationen. Steinach liegt zwischen Horn und Arbon, und ist zu klein für eine eigene Oberstufe. Heute gehen 80 Kinder in Arbon zur Schule, 27 Jugendliche ans Gymnasium in Romanshorn. Nun sollen sie ab 2026 stattdessen in St.Gallen in die Kantonsschule.
Der Regierungsrat argumentiert mit Sparpotenzial. Der Schulstoff sei ohnehin derselbe. Doch in Steinach glaubt das niemand.Gemeindepräsident Michael Aebisegger sagt: «Das, was der Regierungsrat von sich gibt, stimmt schlichtweg nicht.»
Ein Vergleich der Aufnahmebedingungen zeigt deutliche Unterschiede. Im Thurgau zählt nur Deutsch und Mathematik, in St.Gallen kommt Französisch dazu. Auch bei den Vornoten geht St.Gallen eigene Wege: Sie machen die Hälfte des Ergebnisses aus und stammen aus Fächern, die im Thurgau anders gewichtet werden. Für Kinder aus Steinach, die im Thurgau unterrichtet werden, wäre das ein erheblicher Nachteil.
In einem Brief an den Regierungsrat zeigt sich der Steinacher Gemeinderat kämpferisch. Die Gemeinde lehne die geplante Anpassung entschieden ab. Die Vereinbarung mit Arbon und Romanshorn sei historisch gewachsen, geografisch sinnvoll und pädagogisch bewährt. Eine Trennung zwischen Sekundarschule im Thurgau und Mittelschule in St.Gallen würde die Kinder «erheblich benachteiligen», heisst es im Schreiben von Michael Aebisegger.
Die Gemeinde verweist auf drei geprüfte Varianten. Diese sind laut der Gemeinde Steinach jedoch alle untauglich. Eine eigene Oberstufe sei finanziell unsinnig: «Die notwendigen Investitionskosten übersteigen den Nutzen bei Weitem», sagt Aebisegger. Eine Zuweisung zu St.Galler Schulen sei logistisch unrealistisch: «Die betroffene Gemeinde wäre mit hohen baulichen Investitionen und die Kinder miteinem deutlich längeren Schulweg konfrontiert.» Und eine Misch-lösung, bei der die Kinder zwar im Thurgau die Sek, aber im Kanton St.Gallen das Gymnasium besuchen, hätte laut Steinach «erhebliche Nachteile» wegen unterschiedlicher Lehrmittel sowie Zulassungs- und Übertrittsbedingungen.
Hinzu kommt die enge Verbindung zur Nachbargemeinde Arbon. Steinacher Kinder machen rund 13 Prozent der Oberstufe Arbon aus. Dort entsteht derzeit das neue Schulzentrum «Lärche» für 62,9 Millionen Franken. Dieses ist auch für Schülerinnen und Schüler aus Steinach geplant. Ein Ausstieg würde das Projekt erschüttern.
Auch wirtschaftlich stellt Steinach die Sparlogik der Regierung infrage. Laut dem Brief kostet ein Mittelschüler in St.Gallen im Schnitt 20’000 Franken – genauso viel wie im Thurgau. Zusätzliche ÖV-Busse für den täglichen Weg nach St.Gallen würden die Bilanz sogar verschlechtern.
Aebisegger zeigt sich enttäuscht über die fehlende Mitsprache: «Wenn man eine Veränderung will, geht man frühzeitig auf die Betroffenen zu, bringt die Idee ein und begibt sich dann gemeinsam auf den Weg zu einer einvernehmlichen Lösung. Hier aber wurde uns von der St.Galler Regierung etwas aus dem Nichts vor die Nase geworfen. Dieses Vorgehen ist mehr als störend.»
Der Gemeinderat fordert deshalb, die geplante Massnahme 29a zu streichen. «Eine teilweise Abänderung hätte strategisch weitreichende Konsequenzen und kommt für die Gemeinde Steinach in dieser Form nicht in Frage», heisst es im Schreiben.
Und Aebisegger sagt es so, wie es in Steinach viele denken: «Den Vertrag machte man wegen Steinach und nicht wegen des Kantons St.Gallen. Die Leidtragenden in dieser Hauruckaktion wären die Schülerinnen und Schüler. Daher lehnen wir dieses Vorhaben entschieden ab», so Aebisegger zum Schluss.
Von Marino Walser
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