Die Chefs
Fabio Rohrer und Roger Küng von BikeNinja in Rorschach
Diesen Sonntag, 9. Februar entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung über die «Umweltverantwortungsinitiative». Die Bodensee Nachrichten haben eine Pro- und eine Kontra-Meinung von Politikern aus Rorschach und Umgebung dazu eingeholt.
Abstimmungen Am kommenden Sonntag, 9. Februar wird über die Volksinitiative «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)» abgestimmt. Lesen Sie jetzt die Argumente von Diego Müggler aus Steinach für und von Sabina Revoli aus Tübach gegen diese Initiative.
Diego Müggler, Co-Präsident Junge GRÜNE St.Gallen, aus Steinach
Wieso finden Sie, dass die Umweltverantwortungsinitiative angenommen werden sollte?
Die Initiative fordert eine Selbstverständlichkeit: Wir dürfen nicht mehr Ressourcen brauchen, als wir zur Verfügung haben. Diese intuitive Logik lernen wir normalerweise bereits im Kindesalter zum Beispiel im Umgang mit Taschengeld.
Wieso reichen die bestehenden, bereits strengen Bestimmungen nicht aus, um die natürlichen Ressourcen in der Schweiz zu erhalten?
Die Zahlen zeichnen ein sonnenklares Bild: Wir machen aktuell zu wenig für die Umwelt. Eine Studie aus dem Jahr 2023 zeigt, dass wir in mehreren Bereichen die Grenzen der Umwelt massiv überschreiten. Im Bereich Biodiversität fast um den Faktor 4, im Bereich Klima um den Faktor 19! Damit zerstören wir die Grundlage unseres Zusammenlebens, unserer Wirtschaft und schliesslich auch der menschlichen Zivilisation wie wir sie in der Neuzeit kennen.
Eine Annahme der Initiative wäre mit massiven Kosten verbunden, so dass sich viele Produkte und Dienstleistungen verteuern würden. Wie kann dies in der Hochpreisinsel Schweiz wünschenswert sein?
Wir müssen vom Denken wegkommen, dass mehr Konsum und Produktion automatisch mehr Lebensqualität bedeuten. Wenn ich an Stichworte wie Food-Waste oder Fast-Fashion denke, können wir massiv reduzieren, ohne an Lebensqualität einzubüssen. Nichtsdestotrotz wird es in gewissen, sehr umweltschädlichen Bereichen zu einer Teuerung kommen. Für einen ehrlichen Diskurs müssen wir uns aber auch bewusst machen, wie teuer uns bereits jetzt die ganze Überbeanspruchung der Umwelt kommt: stark steigende Preise bei Ski-Tageskarten, massive Mehraufwände im Gesundheitswesen durch vermehrte Hitzewellen im Sommer oder Einkommensausfälle in der Landwirtschaft wegen Dürren, dem Biodiversitätsverlust oder zu vielen PFAS im Boden. All diese Mehrkosten könnten wir uns einsparen.
Würden die vorgesehenen strengen Vorschriften und Verbote den Konsum nicht stark einschränken und zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Ausland führen?
Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, dass eine vorausschauende Umweltpolitik die Schweiz als Wirtschaftsstandort stärkt. Unsere Wirtschaft wird
früher nachhaltige Möglichkeiten ausprobieren und umsetzen und sich wichtiges Know-How aneignen, dies wird ein Standortvorteil sein. Dazu ein Vergleich aus der Schulzeit: In der letzten Woche vor Abgabe unserer Abschlussarbeit waren alle neidisch auf die wenigen Klassenkameradinnen und -kameraden, die rechtzeitig mit ihrer Arbeit begonnen haben und dachten sich: «Hätte ich doch früher begonnen!»
Sabina Revoli, Kantonsrätin und Präsidentin SVP Kreispartei Rorschach, aus Tübach
Wieso finden Sie, dass die Umweltverantwortungsinitiative abgelehnt werden sollte?
Die Initiative würde massive Einschränkungen für Unternehmen
mit sich bringen und höhere Produktionskosten generieren. Dadurch wäre die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. Dies würde zu höheren Preisen für Konsumgüter wie Lebensmittel, Energie und Mobilität führen. Besonders tiefe und mittlere Einkommen würden überproportional belastet und der Wohlstand der Bevölkerung wäre stark gefährdet. Dieses Eingreifen in das Leben der Bürger betrachte ich als zu starke Bevormundung.
Die Initiative fordert von Grosskonzernen, dass sie nicht länger mit ihrer Profitgier die Lebensgrundlagen von uns Menschen aufs Spiel setzen. Ist solch verantwortungsbewusstes Handeln nicht wünschenswert?
Ein verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Wirtschaften ist ab-
solut wünschenswert. Ich bin für stärkere Anreize statt Vorschriften, zum Beispiel Steuererleichterungen für klimafreundliche Unternehmen. Diese Initiative jedoch schwächt den Standort Schweiz massiv. Dadurch gehen Arbeitsplätze verloren und die Produktionen würden ins nahe Ausland ausgelagert. Ausserdem müssen die unteren und mittleren Einkommen diese Massnahmen finanziell stemmen können. Durch den vermehrten Einsatz von erneuerbarer Energie sind wir bereits auf einem guten Weg.
Das Argument des Initiativkomitees, dass unser profit- und wachstumsorientiertes Wirtschaftssystem keine Rücksicht auf Natur und Umwelt nimmt, trifft somit nicht zu?
Nein, absolut nicht. Viele Unternehmen setzen schon heute auf nachhaltiges Wirtschaften mit ei-ner klimaneutralen Produktion und mit erneuerbarer Energie. Das CO2-Gesetz und technologischer Fortschritt wirken bereits gegen die schlimmsten Auswirkungen. Die undesverfassung enthält bereits ausgewogene Bestimmungen zur Förderung der Nachhaltigkeit, die dem Gesetzgeber aber Spielraum lassen. Die Initiative beschränkt sich dagegen einseitig auf den Umweltschutz.
Eine Annahme würde die natürlichen Lebensgrundlagen Wasser, Boden und Luft – wie von der Verfassung gefordert – für Generationen sichern. Was spricht dennoch gegen diese Enkeltauglichkeit?
Unsere natürlichen Lebensgrundlagen für die Nachwelt zu schützen ist sehr wichtig. Ob diese spezifische Vorlage wirklich das beste Mittel ist, bezweifle ich stark. Die Auswirkungen sind zu einschneidend für die ganze Bevöl-kerung und die Wirtschaft. Vor allem sozial schwächere Men-
schen werden zu stark belastet. Globale Umweltprobleme brauchen internationale Lösungen und ist kein nationales Problem. Die Schweiz befindet sich auf einem guten, wirtschafts-, umwelt- und sozialverträglichen Weg. Gehen wir ihn konstant weiter.
Von Claudia Eugster.
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