Die Chefin
Beatrice Mock vom Verein Schlofftheater in Rorschach
Was immer online geteilt wird, mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) kann inzwischen jedes Foto verfälscht und missbraucht werden. Es ermöglicht Kriminellen eine neue Bandbreite an Cybersexualdelikten. Insbesondere Kinder und Jugendliche gilt es zu schützen, weshalb Kinderschutz Schweiz zu diesen neuen «KI-generierten» Delikten Präventionskampagnen durchführt.
Cybersexualdelikte Wenn gedroht wird, intime und persönliche Bilder zu veröffentlichen, so nennt sich dies «Sextortion». Darüber und wie man sich dagegen schützen kann, wurde die Bevölkerung durch eine Präventionskampagne vom 26. August bis 15. September 2024 von Kinderschutz Schweiz, der nationalen Plattform «Jugend und Medien» des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), der Bundespolizei, kantonalen Polizeikorps und weiteren Partnern informiert. Es ist die erste von mehreren Präventionskampagnen, welche für die nächsten drei Jahre geplant sind und die über Cyber-sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen wie «Cybergrooming», «Sexting» oder eben «Sextortion» aufklären sollen. Die Künstliche Intelligenz (KI) wird bei diesen Cybersexualdelikten zu einer Art Katalysator, denn inzwischen können dadurch auch eigentlich unverfängliche, harmlose Fotos derart manipuliert werden, dass sie plötzlich zur Erpressung verwendet werden können. Es kann beispielsweise fake-pädokriminelles Material erstellt werden: «Dabei wird zum Beispiel alltägliches Bild- und Videomaterial des Kindes in eine Szene aus einem Pornofilm eingebaut und wenn dann mittels KI die Körper verjüngt werden, dann scheint das 'gefakete' pädokriminelle Material täuschend echt», erklärt Regula Bernhard Hug von Kinderschutz Schweiz. Ein Vater habe wegen so eines Videos aus fake-pädokriminellem Material geglaubt, dass seine Tochter sich prostituiere. Die Leiterin der Geschäftsstelle von Kinderschutz Schweiz warnt daher eindringlich davor, auch unverfängliches Bildmaterial unüberlegt öffentlich im Netz, über Soziale Medien oder in Chats zu teilen, insbesondere nicht von den eigenen Kindern.
Opfer von «Sextortion» und anderen Cybersexualdelikten können wegen Künstlicher Intelligenz also inzwischen auch Personen werden, von welchen einfach nur ein unverfängliches Foto im Internet veröffentlicht wird. «Am besten man teilt kein Foto von sich oder seinen Kindern mit dem Gesicht von vorne, denn solche Fotos sind besonders leicht mit KI zu manipulieren», so Regula Bernhard Hug und weiter: «Die Täter/innen können im In- aber auch im Ausland sitzen, denn wird ein Inhalt über das Netz geteilt, so ist dieser von überall auf der Welt her abrufbar.» Das macht die Strafverfolgung auch dementsprechend schwieriger, insbesondere, da die Gesetzeslage je nach Land eine andere ist. Ausserdem müssten die Cyberdelikte erst ans Licht kommen, was besonders bei Kindern und Jugendlichen wegen der hohen Schamgrenze – auch gegenüber der Eltern und Peers – meist lange Zeit nicht der Fall sei und deshalb gefährlich werden könnte. «Wenn ein Täter/eine Täterin beispielsweise dem Kind oder Jugendlichen mit KI hergestelltes pädokriminelles Material wie zum Beispiel ein Video zukommen lässt und er/sie damit droht, dieses Material zu veröffentlichen, dann kann es gut sein, dass sich die Kinder oder Jugendlichen dadurch soweit erpressen lassen, dass sie am Ende sogar selber intime, pädokriminelle Bilder von sich senden», zeigt Regula Bernhard Hug ein Szenario auf. Womit die Betroffenen dann natürlich erst recht erpressbar werden, obwohl ursprünglich ja eigentlich gar kein echtes Erpressungsmaterial vorhanden ge-wesen sei. KI kann also alle Cyber-sexualdelikte an Kindern vereinfachen. «Es kann nur schon mit ei-nem unverfänglichen Bild erpresserisches Material hergestellt werden, mit dem ein Opfer zur Erstellung von pädokriminellem Material im Netz oder zu einem Treffen im realen Leben genötigt werden kann», so Regula Bernhard Hug. KI ermöglicht also neue, und besonders perfide Möglichkeiten für Pädokriminelle, über das Internet Minderjährige in Fallen zu locken, um Straftaten wie sexuell motivierte Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung zu begehen.
Um als Eltern die Kinder und Jugendlichen vor solchen Pädokriminellen, die im Schutz des World Wide Web Cybersexualdelikte verüben, zu schützen, sei es wichtig, mit ihnen über die Gefahren des Internets zu reden. «Am besten anhand von Beispielen erklären, was 'Sextortion' ist und was durch Künstliche Intelligenz mit Fotos und Videos von ihnen – auch mit unverfänglichen – gemacht werden kann», so Regula Bernhard Hug. Dies bevor sie das erste Handy erhalten. «Vor allem sollten Eltern ihren Kindern jedoch signalisieren, dass sie immer hinter ihnen stehen und dass sie wissen, dass so etwas allen passieren kann», erklärt die Leiterin der Geschäftsstelle von Kinderschutz Schweiz weiter und sie rät: «Wenn man doch etwas geteilt hat und man nun ein ungutes Gefühl hat, dann kann dies bei 'clickandstop.ch', der Online- Meldestelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen gemeldet werden. Dort erhält man Auskunft und Beratung im Einzelfall und wenn Anzeichen für pädokriminelles Material erkannt wurden, wird es anonym gemeldet.» Nach einer Meldung werden pädokriminelle Inhalte – ob sie einem selbst oder jemand fremdes betreffen – schnellstmöglich auf den Servern gelöscht und eine strafrechtliche Verfolgung kann eingeleitet werden.
«Der Schaden kann so begrenzt werden. Es ist jedoch nicht möglich, Bilder und Videos umfassend zu löschen. Was einmal im Netz ist, kann für immer im Netz bleiben», sagt Regula Bernhard Hug. Kinderschutz Schweiz rät daher auch in Bezug auf die Möglichkeiten durch Künstliche Intelligenz, dass Eltern zum Schutz ihrer Kinder keine Bilder dieser öffentlich teilen sollten. Was nämlich, wenn das eigene Kind wegen so eines unbedarften Teilens Opfer eines Cybersexualdeliktes wird?
Von Claudia Eugster.
Lade Fotos..