Der Chef
Marc Pahud von der Panettonerei Schweiz GmbH in Tübach
Heute arbeiten Sie als Theaterschaffende. Was denken Sie, wäre aus Ihnen geworden, hätten Sie einen anderen Weg eingeschlagen?
Musikerin.
Nennen Sie einige Gründe, wie Sie an die jetzige Stelle gekommen sind und weshalb Ihnen diese Freude bereitet.
Ich wollte nach meiner Ausbildung als Theaterpädagogin in Rorschach Theaterkurse anbieten und versuchte, Geld dafür aufzutreiben. Als unser Theaterprojekt «Notvorrat» den «Felix-Rellstab-Preis» gewann, wurde eine Vereinsgründung verlangt. Darum haben wir den Verein gegründet – und mir macht die Arbeit im Projektmodus Freude, weil man immer neu überlegen kann: Was kommt als Nächstes? Wie machen wir's? Und nach der Durchführung und der Schlussauswertung darf man wieder neu starten. Zudem gibt es in Rorschach sehr viel Potential für coole Theatergeschichten. Der Stoff geht nie aus.
Herrscht bei Ihnen im Betrieb eine Duzis-Kultur?
Ja.
Beschreiben Sie sich selbst in maximal drei Sätzen als Chefin.
Ich bin sehr entschlossen und ziehe ein Projekt auch durch, wenn es fast unmöglich scheint. Ich arbeite sehr gerne mit einem Team, zum Teil erhalten sie einen kleinen Lohn, zum Teil sind es Freiwillige. Während der Planung bin ich pingelig und sehr strukturiert – während der Durchführung kann ich dagegen ziemlich chaotisch sein.
Empfinden Sie die momentane Wirtschaftslage als negativ für Ihr Unternehmen?
Ja. Eltern haben wenig Geld für Hobbies ihrer Kinder. Kulturförder-Institutionen wollen, dass ich pro Kurs 100 Kinder nehme – damit ihr Geld mehr Kindern zugutekommt. Partizipativ arbeiten funktioniert aber nur in kleinen Gruppen. Auch die freie Kollekte an den Aufführungen war schon höher.
Welche Eigenschaften Ihrer Angestellten bezeichnen Sie als besonders wertvoll?
Ich beziehe mich jetzt auf die aktuell tätigen Mitarbeitenden im TanzTheater diese Woche und im Theaterkurs, der anschliessend startet. Sie sind alle zuverlässig, phantasievoll, empathisch, neugierig und verantwortungsbewusst.
Was zeichnet Ihr Unternehmen als guten Arbeitgeber aus?
Naja, mein Unternehmen zahlt zu wenig Lohn in bar: Entschädigungen sind oft Trinkgelder, weil meine Fundraising- Bemühungen zu wenig fruchten. Dafür kann man bei Schlofftheater sehr viel lernen und sehr schnell Karriere machen: So ist eine Schauspielschülerin jetzt Regieassistenz. Und ein ehemaliges «Tanzkind» leitet jetzt die Tanztruppe im TanzTheater. Auch werden Ideen von Mitarbeitenden gern und ernsthaft eingebaut in den kreativen Prozess, so dass unsere Projekte nie nur meine Theaterprojekte sind, sondern eben unsere. Das Schlofftheater hat einen demokratischen Theater-Ansatz.
Was hebt Ihr Unternehmen von der Konkurrenz ab?
Konkurrenz? Gibt es in Rorschach noch jemanden, der Theaterkurse anbietet? Ausserschulisch gibt es sehr wenige Theater-Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Ich kenne eigentlich nur die Kirchen, da ist es aber an die Zugehörigkeit zur Religion gebunden und nicht für alle offen. Wir kosten zwar ein bisschen etwas, aber die Teilnahmebedingungen sollen für alle Rorschacherinnen und Rorschacher erschwinglich sein. Dafür beantragen wir im Vorfeld Geld bei allen bekannten Anlaufstellen.
Was war die grösste Herausforderung, welche Sie im Rahmen Ihrer jetzigen Tätigkeit meistern mussten?
Immer wieder Zeit und Raum und Geld in meinem Leben zu schaffen, dass Theaterprojekte möglich wurden. Ich arbeite teilzeitlich noch in einem anderen Beruf, um mir das Theaterschaffen quer zu subventionieren. Für das TanzTheater hier habe ich dort eine Woche Ferien genommen.
Welche Vision haben Sie für Ihr Unternehmen?
Dass jedes Kind und jede Familie in der Region weiss, dass es in der Stadt Rorschach das Schlofftheater gibt und dass man hier Theaterspielen kann. Dass es immer mehr Menschen gibt, die sich auf neue Aufführungen von Theaterstücken vorfreuen und zusehen kommen. Dass wir vielen Kindern gute Auftrittserfahrungen, lustige Erlebnisse und lange Freundschaften ermöglichen können. Und dass die Stars von morgen sich irgendwann erinnern: Wo habe ich Theaterspielen gelernt? Ah ja – im Schlofftheater Rorschach!
Welches war bisher das schönste Erlebnis während Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Das 10-jährige Jubiläum vom Verein Schlofftheater im März 2024, weil dort auf einem Fest soviele bekannte und freudige Menschen gekommen sind. Ich hatte vergessen, wieviele es sind und wieviel Freude wir hatten.
Worüber haben Sie sich zuletzt gestritten und weshalb?
Mit meinen Projektteams streite ich nicht. Zuletzt hatte ich eher Streit mit mir selber, als ich zu faul war zum Geld-Anträge schreiben.
Was bringt Ihnen wirkliche Erholung?
Wegfahren, Proberaum abschliessen, rausgehen in die Natur, mich bewegen.
Mit wem würden Sie gerne im Lift steckenbleiben und warum?
Mit Mr. Bean oder sonst einem Impro- Schauspielmenschen. Wir könnten uns zu zweit wohl stundenlang amüsieren und den Lift total vergessen.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In Rorschach, hoffentlich auch in einem coolen Proberaum wie es das Wasserwerk ist. Mit einer jüngeren Theaterpädagogik-Kollegin, die auch tolle Theaterprojekte anbietet. So könnte ich – mit meinen sicher einigen grauen Haaren mehr – ein bisschen kürzertreten. Oder Stücke schreiben. Vielleicht gibt es in fünf Jahren auch das Fach «Schauspiel» an der Musikschule und ich unterrichte dort.
Der Verein Schlofftheater fördert Theaterprojekte, Theaterkurse und andere sozio-kulturelle Projekte. Der Verein ist politisch unabhängig und weltanschaulich neutral.
Proberaum Schlofftheater
Scheffelstrasse 4, 9400 Rorschach
Telefon: 079 209 68 76
E-Mail Adresse: beatrice.mock@schlofftheater.ch
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