Der Chef
Markus Blatter vom Herrenmodegeschäft «Blatter men's fashion» in Rorschach
An der Bürgerversammlung vergangene Woche sorgte der Stadtrat nach Abhandlung der obligaten Traktanden für ein Spektakel: Otmar Elsener und Josef Zoller wurden zur Freude aller Anwesenden zu Ehrenbürgern der Stadt Rorschach ernannt. Lesen Sie mehr über ihre Verdienste auf Seite 3.
Rorschach Eigentlich verlief die Bürgerversammlung in diesem Jahr geradezu unspektakulär. Die Jahresrechnung 2023 und das Budget und der Steuerfuss 2024 wurden ohne Diskussion genehmigt. Es gab kaum Wortmeldungen, was Röbi Raths sichtlich erstaunte. Nur jene von Anton Ringer sei hervorzuheben, der sich in einem offenen Brief an die Stadt Rorschach kritisch zur kommenden Abstimmung über den Baukredit für die Sanierung des Strandbades, über den die Rorschacher Stimmbürger/innen und am 9. Juni abstimmen werden, äusserte, welchen seine Frau Gertrud verlas (Ein Auszug war bereits in den Bodensee Nachrichten Nr. 10 auf S. 4 abgedruckt). Diesbezüglich verwies Röbi Raths auf die nächste Stadtinfo, in der die Bevölkerung eingehend über den Sachverhalt informiert werde, sodass jeder sich seine Meinung bilden kann. Der Stadtrat empfiehlt eine Annahme, weil die Sanierung dringend notwendig sei und weil die Schwimmbecken sonst nicht über die Saison 2024 hinaus betrieben werden können. In den Bodensee Nachrichten wird im Vorfeld der Abstimmung ebenfalls noch umfangreich informiert werden.
Als die Anwesenden sich dann bereits erheben und zum Apéro übergehen wollten, da begann Röbi Raths mit einem Schlussplädoyer, welches sich dann als eine Laudatio auf Josef Zoller und Otmar Elsener entpuppte, die am Ende dieser Bürgerversammlung zu Ehrenbürgern der Stadt Rorschach ernannt wurden. Tosend war der Applaus als Röbi Raths' Laudatio auf Josef Zoller endete und dieser nach vorne trat, um die Urkunde entgegen zu nehmen, die ihn als Ehrenbürger der Stadt Rorschach auszeichnet. Nicht minder war der Beifall nach der Lobrede auf Otmar Elsener. Im folgenden je eine Zusammenfassung von Röbi Raths würdigenden Worten an die beiden neuen Ehrenbürger von Rorschach:
Josef Zoller (geb. 1936) wuchs in Rorschach auf und unterrichtete nach seiner Ausbildung zum Primarlehrer kurz, bevor er seine Leidenschaft für Biologie und Botanik zum Beruf machte. Dazu studierte er an der Universität Zürich und danach wirkte er ab 1964 als Lehrer am Lehrerseminar in Rorschach. Er machte sich über Jahrzehnte einen Namen als anerkannter Biologe und Botaniker. Unermüdlich ist er dabei, wenn seit 1973 beim Mötteliweiher Amphibiensperren aufgestellt oder seit 1983 im Schollenried in Altstätten Tümpel angelegt werden. Dasselbe gilt für die Pflege des Riets in Altenrhein durch den Naturschutzverein. Josef Zoller wurden die Ehrenbürgerrechte der Stadt Rorschach aber vor allem für sein Lebenswerk verliehen: Mitte der 80er Jahre regte der mittlerweile verstorbene Kinderarzt Doktor Weber dazu an, den riesigen Obstgarten rund um das Kloster Mariaberg wieder herzustellen. Auf das Bestreben von Josef Zoller wurde dem Anliegen des Kinderarztes stattgegeben. Dank Verbindungen des Botanikers zu «Pro Spezie Rare» und der Sortenorganisation «Fructus» wurden gezielt alte, vor dem Aussterben bedrohte Obstbaumsorten gesucht und gepflanzt. Und so entstand über Jahrzehnte ein eindrücklicher Obstgarten mit seltenen Obstsorten um das Kloster Mariaberg. Mit dem Bauer, der den Garten bewirtschaftete, pflegte Josef Zoller über all diese Zeit einen regen Austausch und im Obstgarten engagieren sich jährlich Klassentreffen, die die Bäume schneiden und unterhalten.
Auch Otmar Elsener (geb. 1934) ist in Rorschach aufgewachsen. Allerdings zog es ihn 1955 mit 19 Jahren in die USA. Im mittleren Westen, im Dorf «Highland», fand er Arbeit bei einer Stickereifirma. Dann folgte der Umzug nach New York und der Einzug in die amerikanische Armee mit Stationierung in Italien.
Im Jahr 1964 kehrte der Weltenbummler zurück nach Rorschach. Otmar Elsener arbeitete sein gesamtes Berufsleben immer als Stickereikaufmann. Zusätzlich engagierte er sich im Rorschacher Gemeinderat, als Handelsrichter sowie als aktiver Fussballer und Tennisspieler. Zudem war er ein begeisterter Segler.
Seit seiner Pensionierung im Jahr 1999 ging Otmar Elsener seiner Leidenschaft als journalistischer Rorschach-Entdecker nach. Für das damalige «Ostschweizer Tagblatt», später «St.Galler Tagblatt», verfasste er an die 300 sorgfältig recherchierte Artikel über das Rorschach der Dreissiger- bis Fünfzigerjahre.
Eine wichtige Inspirationsquelle für Otmar Elseners Arbeit war das umfangreiche Fotoarchiv seines Vaters Josef, der viele Rorschacher Szenen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts festhielt. Otmar Elsener ist es zu verdanken, dass Geschichten aus früheren Jahrzehnten über den Alltag, die Arbeit, Orte und Personen der Gegenwart erhalten bleiben. Geschichten und Fakten, die ohne seine Neugier und seine Erzählkraft unbemerkt und unwiederbringlich im Dunst der Vergangenheit verschwunden wären.
Eine Auswahl dieser wunderbaren Geschichten-Sammlung publizierte Otmar Elsener in zwei Büchern, erschienen im Appenzeller Verlag. Er erhält die Rorschacher Ehrenbürgerrechte für seine Aufarbeitungen, die eindrücklich das gesellschaftliche und soziale Geschehen in der Stadt Rorschach in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert dokumentieren und damit ein wichtiges Element der Stadtgeschichte sind.
Von Claudia Eugster.
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